Vernissage am 30. November 2014
Einführung: Dr. Valérie Hammerbacher
Institut für Auslandsbeziehungen, Stuttgart
„Ich arbeite mit Schmutz und Flecken, weil ich versuche, die traditionellen, in bestimmten Bedeutungen konnotierten Bildsprachen der Malerei zu umgehen“, erläutert die Stuttgarter Künstlerin ihre Affinität zum Experiment mit dem als dreckig, schmierig und unrein konnotierten Werkstoff Dreck. „Signs out of time“, Zeichen, die aus der Zeit gefallen sind, arrangiert Susa Reinhardt in ebenso ungewöhnlicher wie faszinierend subtiler Weise.
Dabei steht das Zeichen nicht nur als Ikon oder Symbol stellvertretend für das Abgebildete, sondern weckt sinnliche Sensationen wie Mundgefühl und Geschmacksbilder, Wärme und Kälte, Nähe und Ferne, Sympathie und Antipathie bis hin zur Aversion. Der verwendete Stoff, hochwertiger, sehr glatter Mako-Köper für Bettwaren, lässt sofort an einen Ort der Privatsphäre und Intimität denken. Das breite Reifenprofil an Straße, Gewicht, Druck und die Empfindung überrollt, übergangen, überfahren zu werden. Ein kaum zu überbietender Kontrast zur astrologischen Assoziation und den künstlich wirkenden Gelee-Häppchen, definiert Susa Reinhardt einen ganz eigenen Kosmos neuer Sinnlichkeit.
Wie kommt es zu dieser Thematik, wie zur Durchführung? Ausgangspunkt der Werkreihe „Schmutz auf Acryl“ war die Exposition von Bettlaken mit Gebrauchsspuren eines Punk und eines Bankers über eine gewisse Zeitspanne. Der Grad der Verschmutzung als Narrativ unterschiedlicher Lebensstile verwendet Susa Reinhardt weiterhin Bettlaken als Malgrund. Das Atelier der Künstlerin liegt im Areal von S21, wo täglich Laster mit Erdaushub vorbeifahren. Hier legt sie ihre Leinwände auf dem matschigen Boden an der Zufahrtsstraße aus. Tonnenschwere Radlader fahren nach ihrer Anweisungen darüber.
Zentrum des Interesses der Künstlerin ist der „Feminismus als Urgeschichte, gefiltert durch ein Pop-Bewusstsein“, so Reinhardt. Dieser höchst originelle Ansatz führt vom Konzept über malerische und fotografische Werkreihen zu Installationen. Unter Titeln wie „M-sign on cloth“ (2013) auf einer gefundenen Decke und „Raindrop curtain“ (2014), hergestellt aus Perlen, Nylon und Metall, präsentiert Reinhardt eine sehr poetische Variante ihrer raum- und zeitüberspannenden Thematik.